Aachen

Aachener Heiligtumsfahrt

Der Aachener Dom, den Karl der Große zwischen 792 und 800 erbauen ließ und damit Aachen zum religiösen Zentrum machte, war die erste Kirche des nördl. Abendlandes, die der Jungfrau Maria geweiht war. Zur Einweihung der 799 vollendeten Kapelle wurde ein Reliquienschatz aus Jerusalem durch den dortigen Patriarchen übersandt. Der kostbare Schatz enthielt das Kleid von Maria, die Windeln Jesu, das Lendentuch Christi und das Enthauptungstuch von Johannes dem Täufer und wird seither von Pilgern aus aller Welt aufgesucht und verehrt. Weiteren Aufschwung erhielt die Wallfahrt nach Aachen durch die Heiligsprechung Karl des Großen durch Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) im Jahre 1165. Seit 1239 wurde die Wallfahrt zu den Heiligtümern des Aachener Doms als "Heiligtumsfahrt" bezeichnet. Bis 1349 fand sie in Abständen von ein bis fünf Jahren statt. Danach wurde ein siebenjähriger Turnus eingeführt. Ihren Höhepunkt erreichte die Aachener Heiligtumsfahrt im 14. und 15. Jahrhundert. Auch heute noch werden unzählige Menschen ihrem Glauben folgen und die Stadt bevölkern.

Das Heiligtum des Marienkleides ist eine antike häusliche Webarbeit. Es wurde als Unterkleid genutzt, worauf schon die älteren Bezeichnungen (camisia oder indusium) hinweisen. Es besteht aus naturfarbenem Leinen (in Israel gab es Flachs und Baumwolle nur an der Küste und im Tiefland des Jordan, für den alltäglichen Gebrauch wurden deshalb meist wollene Gewebe genommen) und ist durch gewebte Längs- und Querstreifen quadratisch gemustert. Das aus einem Teil ohne Naht gewebte Kleid weist eine feingestickte Halsborte auf, die mäanderförmig gestaltet ist.

Das Tuch der Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers: Dieses Heiligtum wird verehrt als Zeichen der Treue bis in den Tod, weil in ihm das Haupt des Vorläufers Johannes nach dessen Hinrichtung unter Herodes Antipas geborgen wurde. Das Tuch ist ein äußerst fein gewobener Damast und hat die Form eines länglichen Vierecks. Die Größe und Feinheit des Gewebes deuten auf einen wohlhabenden Besitzer. Es zeigt große Flecken (Blutspuren) und weist auch größere Löcher auf, da Teile dieses Heiligtums als Reliquien herausgenommen wurden.

Die Windeln Jesu: Über die Herkunft und die Entdeckung des Heiligtums der sogenannten Windeln Jesu gibt es erst verhältnismäßig spät erste Hinweise. Aus dem Altertum wird über den Stoff, aus dem die „Windeln“ gefertigt sind, nichts mitgeteilt. Es ist ein dicker und dicht gewalkter Stoff von bräunlicher Farbe, der dadurch eher einem porösen Filz als einem gewebten Textil ähnlich erscheint. In Aachen erzählt eine alte Tradition, dass die „Windeln des Heilandes“ aus der Fußbekleidung des hl. Josef gemacht seien: Die „Botzen des hl. Joseph“ seien zu einer Art an drei Seiten geschlossenen „Muff“ zusammengenäht worden. Ein Zusammenhang dieser Tradition mit einer Notiz des Patriarchen Germanus (13. Jahrhundert), die „Windeln“ seien von Maria selbst gefertigt worden, da Mittel gefehlt hätten, Windeln zu kaufen, ist nicht bekannt.

Das Lendentuch Christi: Das Heiligtum des Lendentuches Christi ist ein grobes Gewebe von weißlicher Farbe, aus einem größeren Gewand grob herausgeschnitten. Ursprünglich war es wohl ein einem Hemd ähnliches Gewand, vielleicht eine Tunika. Darauf weisen zwei deutlich erkennbare Einsätze (einer noch vollständig erhalten) hin. Erhalten ist ein unregelmäßiges, oben stumpf abgerundetes Dreieck. Es wird mit einem Seidenband kreuzweise zusammengehalten umbunden, bei der Zeigung und Verehrung wird es nicht auseinandergefaltet. Die Frage, ob der Gekreuzigte am Kreuz ein Lendentuch getragen habe, ist immer wieder von Theologen diskutiert worden. Die Leidensgeschichte erwähnt diesbezüglich nichts, berichtet aber, dass die Soldaten die Kleider des Herrn unter sich geteilt und um den Rock gelost hätten; andererseits geboten es sowohl die römische wie auch die jüdische Sitte, dem Verurteilten ein Lendentuch zu lassen. Quelle: A. Peters, Die Betefahrt nach Aachen